Moderation virtueller Arbeitsteams

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Unter virtueller Teamarbeit versteht man die „mediengestützte arbeitsteilige Leistungserstellung zwischen verteilten Aufgabenträgern, Organisationseinheiten und/oder Organisationen.“[1] Anders gesagt, geht es um die Zusammenarbeit mehrerer Personen oder Organisationen, die zum Erreichen ihrer Ziele die Telekommunikation als Medium nutzen.[2] Andere Begriffe wie z.B. „Telekooperation“, „Computergestützte Kooperative Arbeit“, oder „virtuelle Organisation“ werden in der Literatur häufig als Synonyme der virtuellen Teamarbeit benutzt. Eine der wichtigsten Formen der Telearbeit sind virtuelle Arbeitsteams. Virtuelle Arbeitsteams werden als globale, kulturell unterschiedliche Arbeitsteams verstanden, die aus einem aufgabenorientierten Grund temporär zusammengestellt werden und mittels Informations- und Kommunikationstechnologien arbeiten.[3] Demzufolge ergibt sich folgende Definition: „Ein virtuelles Team ist – wie jedes andere Team – eine Gruppe von Menschen, die mittels voneinander abhängiger – interdependenter – Aufgaben, die durch einen gemeinsamen Zweck verbunden sind, interagieren. Im Gegensatz zum konventionellen Team arbeitet ein virtuelles Team über Raum-, Zeit- und Organisationsgrenzen hinweg und benutzt dazu Verbindungsnetze, die durch Kommunikationstechnologien ermöglicht werden.“[4] Jedes virtuelle Team wird von einem Moderator koordiniert, der das Team hauptsächlich bei dem Entscheidungsfindungsprozess unterstützt und sicherstellt, dass Unklarheiten und interkulturelle Missverständnisse geklärt werden.[5]

Kommunukationsmedien der virtuellen Teamarbeit

Die wichtigsten Kommunikationsmedien für die virtuelle Teamarbeit werden im Folgenden aufgelistet und je nach ihren Merkmalen in synchronen oder asynchronen Medien eingeordnet[6]:

Asynchrone Kommunikationsmedien:

  • Text/Bild: Fax, SMS, E-Mail, Website, Diskussionsforum
  • Video/Audio: Video-Mail, Voice-Mail (z.B Anfurbeantworter)
  • Datenübermittlung: E-Mail-Datenanhang, FTP

Synchrone Kommunikationsmedien:

  • Text/Bild: Chatfunktion, Whiteboard
  • Video/Audio: Videoconferencing, Telefonkonferenz
  • Datenbearbeitung im Team: Application/Document Sharing

Aufgrund der zunehmenden Bedeutung der virtuellen Zusammenarbeit ist in den letzen Jahren weiterentwickelte Software eingeführt, die speziell für virtuelle Arbeitsgruppen gedacht ist. Die sogenannten Groupware-Systeme dienen der Unterstützung verschiedenen kooperativer Gruppenprozesse. Die wichtigsten davon sind folgende[7]:

  • EMS Electronic-Meeting-Systeme: Diese wurden dafür entwickelt, zeitgleiche face-to-face Sitzungen in einem speziell dafür ausgerüsteten Electronic-Meeting-Room computertechnisch zu unterstützen. Ziel dieser Systeme ist es, die Treffen effizienter, kreativer und weniger emotional zu gestalten.
  • GDSS Group-Decision-Support-Systeme: Diese verbessern die Entscheidungsqualität sowohl auf individueller Ebene als auch auf der Gruppenebene durch Abstimmungsprozeduren, Methoden zur Präferenzaggregation und zusätzliche Kommunikationsdienste.
  • PMS: Projectmanagementsysteme: Diese helfen dem virtuellen Team dabei, das Projekt zu analysieren, zu planen, Aufgaben zu koordinieren und die Ergebnisse zu evaluieren.
  • Gruppenterminkalender: Diese ermitteln den bestmöglichen Termin nach dem Prüfen bestimmter Vorgaben, wie z.B. der für das Meeting benötigten Zeit, der persönlichen Terminkalender der Mitglieder und –besonders wichtig für die globale virtuelle Teams- der Zeitzonenunterschieden. So können geeignete Zeitfenster für synchrone Konferenzen berechnet werden.
  • Shared Workspace/Co-Autorensysteme: Diese kooperative virtuelle Arbeitsräume ermöglichen das gemeinsame Bearbeiten von Objekten, die zentral auf einem Server gespeichert sind. Die Bearbeitungen können entweder synchron oder asynchron erfolgen.

Die Phasen der Moderation

Nach dem Modell von App (2013)[8] wird eine idealtypische Vorgehensweise für die Moderation virtueller Arbeitsgruppen anhand von vier Phasen vorgeschlagen:

  • Vorbereitung: An dieser Stelle werden alle wichtigen Rahmenbedingungen für das Projekt geklärt. Zuerst werden die Ziele festgelegt und dann wird der Projektplan erstellt. In dieser Phase wählt man das Team aus und versucht, gezielt fehlendes Know-How aufzubauen. Schließlich werden die verschiedenen Prozesse definiert, unter anderem werden die Kommunikationsmittel festgelegt, technische Angelegenheiten mit der IT-Abteilung abgestimmt und die Wissensmanagement-Maßnahmen konzipiert.
  • Kick-Off Meeting: Es gilt als der offizielle Start des Projekts. Es ist auf jeden Fall empfehlenswert, das Kick-Off-Meeting als Präsenztreffen zu gestalten. Da haben die Teammitglieder erst die Chance, sich kennenzulernen und wichtige Infos über das Projekt zu erhalten. Von großer Bedeutung ist es an dieser Stelle, die Expertisen transparent zu machen, Aufgaben und Prozesse zu besprechen und die Spielregeln für die Zusammenarbeit festzulegen. Schließlich sollte man beim Kick-Off-Meeting dem Aufbau von Vertrauen und der interkulturellen Sensibilisierung besondere Aufmerksamkeit schenken.
  • Durchführung, Koordination und Steuerung virtueller Meetings: Dabei handelt es sich um die längste Phase des Projekts und wird meistens durch Telefon oder Videokonferenzen durchgeführt. Der virtuelle Workspace wird gemäß den vereinbarten Regeln für Information, Dokumentation und Kommunikation genutzt. Dabei sollte man, sicherstellen, dass der Medieneinsatz optimal für alle Mitglieder funktioniert und dass die verschiedenen Teilbereiche des Projekts dokumentiert und für alle zugänglich gemacht werden. Wichtig dabei ist, die Teammitglieder ständig zu motivieren und Kommunikationsprobleme frühzeitig zu erkennen und zu bewältigen.
  • Abschluss und die Auswertung: Die letzte Phase findet meistens anhand eines Lessons Learned Workshops statt. Da hat das Team die Möglichkeit, über die geleistete Arbeit zu reflektieren und Feedback zum Medieneinsatz, Teamentwicklung und interkulturelle Zusammenarbeit zu geben. Hauptsächlich werden bei solchen Workshops zwei Ziele verfolgt: zuerst das Wissen, das im Projekt erarbeitet wurde, zu sichern und anderen im Unternehmen zugänglich zu machen und schließlich aus Fehlern zu lernen und diese bei zukünftigen Projekten zu vermeiden.

Ein ähnliches Model wir auch von Müller (2011) vorgeschlagen.[9] Allerdings betonen beide Autorinnen, dass diese Phasen je nach Bedürfnissen des jeweiligen Teams bzw. Projekts variieren können.

Die Kompetenzen des Moderators

Die Komplexität der virtuellen Teamarbeit verlangt von dem Moderator eine Reihe von Kompetenzen[10] , damit er den Moderationsprozess effektiv begleiten kann:

  • Medienkompetenz: Wenn man ein virtuelles Projekt moderiert, muss man imstande sein, nicht nur Informationstechnologien aktiv zu nutzen, sondern auch die Teammitglieder bei eventuellen Schwierigkeiten zu unterstützen. Deswegen sollte der Moderator sich permanent über neue technische Entwicklungen auf dem Laufenden halten und ständig evaluieren, welche Medien er im Projekt einsetzen könnte.
  • Führungskompetenz: Der Moderator muss das Team begleitet und koordiniert, ohne auf autoritären Praktiken zurückzugreifen. Es ist auch besonders wichtig, dass er Vertrauen und gute Beziehungen zu allen Projektbeteiligten herstellt, obwohl er diese nur selten persönlich trifft. Der Moderator gilt als ein „Relationship Manager“, der sicherstellt, dass die Interessen aller Projektbeteiligten auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden und mögliche Interessenskonflikte konstruktiv gelöst werden. Zudem sollte der Moderator in der Lage sein, die Motivation der Teammitglieder aufrechtzuerhalten.
  • Kommunikationskompetenz: Die effektive Kommunikation ist ein der entscheidenden Faktoren für den Erfolg der virtuellen Arbeitsgruppen. Deswegen muss der Moderator komplexe Sachverhalte und Anweisungen klar und deutlich formulieren. Außerdem muss er in der Lage sein, die metasprachliche Funktion der Sprache zu nutzen, um Missverständnisse zu vermeiden oder zu klären.
  • Soziale Kompetenz: Um ein sehr heterogenes Team erfolgreich begleiten zu können, muss der Moderator über ein großes Maß an Empathie und emotionaler Intelligenz verfügen. Er muss in der Lage sein, Stimmungen wahrzunehmen, auf die Projektbeteiligten trotzt der räumlichen Distanz zuzugehen und Wertschätzung bzw. Anerkennung mitzuteilen. Außerdem muss der Moderator interkulturell kompetent sein, um die verschiedenen kulturellen Hintergründen zu verstehen, wertzuschätzen und aktiv in Form von Synergien zu nutzen.
  • Fachkompetenz: Wenn man die Moderation eines virtuellen Teams übernimmt, ist es unerlässlich, dass er über entsprechende Fachkenntnisse bezüglich des Projektthemas verfügt. Diese müssen nicht in allen Teilbereichen des Projekts sehr tief sein, aber man sollte zustande sein, das Team bei allen Aufgaben effektiv zu unterstützen.
  • Methodenkompetenz: Der Moderator sollte alle relevanten Methoden der Prozessmoderation und des Wissensmanagements beherrschen.

Unterstützung der Moderation von der Personalentwicklung

Die erfolgreiche Moderation virtueller Arbeitsgruppen steht in starkem Zusammenhang mit der Unterstützung aller Phasen der Moderation von der Personalentwicklung. Es ist gerade die Personalentwicklung, die die Rahmenbedingungen für die Telekooperation schafft und dafür sorgt, dass die entsprechenden Kompetenzen von den Teammitgliedern erworben werden. Die Personalentwicklung kann durch folgende Maßnahmen die Moderation virtueller Arbeitsgruppen unterstützen:

  • Organisationskultur[11] : Sie setzt die Standards und die Richtlinien für die virtuelle Zusammenarbeit. Eine flexible, technologisch fortgeschrittene Organisationkultur mit flachen Hierarchien, und schnellen Entscheidungswegen erweist sich als Voraussetzung für den Erfolg virtueller Teams. Ein kompetentes Diversity Management muss auch vorgesehen sein, damit Toleranz und kulturelle Offenheit unter den Mitgliedern gefördert wird.
  • Trainings[12] : Das Angebot verschiedener Trainings ist ein Muss für die Telekooperation. Dadurch können die Teammitglieder schon erworbene Kompetenzen weiterentwickeln oder neue Kompetenzen erwerben, die ihnen ermöglichen an dem jeweiligen Projekt teilzunehmen. Für virtuelle Teams gilt ein Technologietraining als selbstverständlich. Da haben die Teilnehmer die Möglichkeit, sich mit der Groupware und anderen relevanten Technologien vertraut zu machen. Davon ausgehend, dass Technologie sich ständig weiterentwickelt, sollten Online Trainings und technischer Support auch während des Projekts angeboten werden. Außerdem ist auch ein Training zu den verschiedenen Möglichkeiten des Informationsaustausches bzw. Wissensmanagement erwünscht, damit das Wissen innerhalb des Teams transparent, zugänglich für alle und dokumentiert wird. Interkulturelle Trainings sind besonders sinnvoll für virtuelle Teams, damit die Teammitglieder lernen können, mit Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen zu arbeiten.
  • Online Coaching[13] : Ein externer Coach kann durch professionelle Begleitung und Beratung von Einzelnen oder des ganzen Teams zur Zielfindung, Zielerreichung, und optimalen Entfaltung ihrer Potenziale beitragen. Der Coach kann in einem für Teamleiter und Teammitglieder konstruktiven Prozess Stärken und Schwächen des Teams identifizieren und dementsprechend das Team bei den verschiedenen Phasen unterstützen. Die Unterstützung des E-Coachs ist besonders wichtig bei der Einstiegsphase der Teambildung, bei der Bewältigung von Schwierigkeiten bzw. Konfliktsituationen oder im Falle von im virtuellen Kontext unerfahrenen Teamleitern und Teammitgliedern. Die neuen Technologien bieten neben die traditionelle E-Mail ein breites Spektrum an E-Coaching-Möglichkeiten, wie z.B Chat oder 3D Planspiele, die die verschiedenen Bedürfnisse des jeweiligen Coachees befriedigen.[14]
  • Online Mentoring[15] : Als E-Mentor kann ein Mitarbeiter fungieren, der schon im Unternehmen tätig ist und mehrfach an virtuellen Projekten teilgenommen hat. Ein solcher Mitarbeiter kann seinen Mentee (unerfahrenen Teamleiter oder neues Teammitglied) mediengestützt unterstützen und dessen Einstieg im Projekt erleichtern.
  • Wissensmanagement[16] : Der transparente und strukturierte Wissensaustausch fördert die Vernetzung und die Wissensausbreitung nicht nur innerhalb des virtuellen Teams sondern auch insgesamt im Unternehmen. Die Personalentwicklung sollte dem Team eine Reihe von Tools zu diesem Zweck bereitstellen und die Teammitglieder ermuntern, sich daran zu beteiligen. Solche Tools sind unter anderen Wikis, Foren, Blogs, Expertisen-Maps und FAQ-Listen.

Weiterführende Literatur

  • Bäuml-Westebbe, K./ Buchem, I./Ebner. M./Egloffstein, M. (2011). Kommunikation und Moderation: Internetgestützte Kommunikation zur Lernunterstützung. In: Ebner M. (Hrsg.) Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien. Epubli, Berlin: 119-127
  • Neumann, J. (2013) Virtuelle Teams: Nichts Neues und doch alles ganz anders. In: HRM.de. Abrufbar unter: http://www.hrm.de/fachartikel/virtuelleteams:-teams:-nichts-neues-und-doch-alles-ganz-anders-10617
  • Sulzbacher, M. (2003). Virtuelle Teams. Eine Möglichkeit, komplexe Aufgaben über Raum, Zeit und Organisationsgrenzen hinweg effektiv zu meistern? Tectum Verlag, Marburg
  • Unger, D./Witte, E. (2007). Virtuelle Teams - Geringe Kosten, geringer Nutzen? Zur Leistungsverbesserung von Kleingruppen beim Problemlösen durch elektronische Moderation. Hamburger Forschungsberichte zur Sozialpsychologie, 73

Youtube-Videos:

Einzelnachweise

  1. Reichwald, R., Möslein, K., Sachenbacher, H., Englberger, H. (2000). Telekooperation. Verteilte Arbeits- und Organisationsformen. Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg
  2. Hertel, G.; Konradt, U. (2007). Telekooperation und virtuelle Teamarbeit. Oldenbourg Verlag, München
  3. Jarvenpaa, Sirkka L./Leidner, Dorothy E. (1998). Communication and Trust in Global Virtual Teams. Journal of Computer-Mediated Communication
  4. Lipnack, Jessica/Stamps, Jeffrey (1998). Virtuelle Teams: Projekte ohne Grenzen; Teambildung, virtuelle Orte, intelligentes Arbeiten, Vertrauen in Teams. Ueberreuter Verlag, Wien
  5. Breitenöder, A. (2009). Knowledge Sharing in Cross-Cultural Virtual Teams: A Study based on the Grounded Theory Method. Diplomica Verlag, Hamburg
  6. Senst, E. (2001). Virtuelle Teamarbeit. Ein Lernprogramm im Medienverbund zur Einrichtung und Betreuung virtueller Teams. Erik Senst/Sensed-Media, Kiel
  7. Ebd.
  8. App, S. (2013). Virtuelle Teams. Haufe Verlag, Freiburg
  9. Müller, E. (2011). Erfolgreich in virtuellen Teams. Strategien, Checklisten und Praxistipps. Epubli Verlag, Berlin
  10. App, S. (2013)
  11. Müller, E. (2011)
  12. Ebd.
  13. Herrmann, D./Hüneke, K./ Rohrberg, A. (2006). Führung auf Distanz: Mit virtuellen Teams zum Erfolg. Springer Gabler Verlag, Wiesbaden
  14. Geißler, H. (2016). E-Coaching Tools. Die virtuellen Helfer. In Managerseminare Helf 219: 18-24
  15. Herrmann, D./Hüneke, K./ Rohrberg, A. (2006)
  16. Ebd.