Interkulturelles Mentoring

Aus IWKWiki
Version vom 28. September 2015, 12:12 Uhr von De42bis (Diskussion | Beiträge) (Educast zum Thema)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Wechseln zu: Navigation, Suche
Wiki-Mentor-Icon.svg

Interkulturelles Mentoring ist ein Instrument zur Personalentwicklung im interkulturellen Kontext, d.h. entweder haben die erfahrene Person (Mentor_in) und die unerfahrene Person (Mentee) unterschiedliche kulturelle Hintergründe oder das zu vermittelnde Wissen bezieht sich auf Aspekte von Interkulturalität.

Konzept/ Idee

Interkulturelles Mentoring (engl. intercultural oder cross-cultural mentoring) beschreibt in diesem Sinne die Mentoringkonstellation, in der Mentor und Mentee unterschiedlichen Kulturen angehören. Unter Kulturen werden in der Literatur überwiegend Ethnien und Nationalkulturen verstanden. Eine genaue Begriffsdefinition von interkulturellem Mentoring existiert im deutschen Forschungskontext zurzeit noch nicht, weshalb begriffliche Überschneidungen und Differenzen zu anderen Quellen möglich sind.[1]

Während es durchaus reichlich Literatur und Studien zum Thema Mentoring gibt, wurde interkulturelles Mentoring bisher wenig thematisiert und die Forschung steht noch am Anfang. Die vorhandene Forschung geht überwiegend von einem westlichen Kontext aus.[2]

Lernziel

Mentoringprogramme allgemein haben das Ziel, dass Erfahrung und Wissen von einer erfahrenen Person an eine (noch) unerfahrene Person weitergegeben und dessen (berufliche) Weiterentwicklung begleitet wird. Interkulturelle Mentorings haben so gesehen dasselbe Ziel, jedoch sind die Zielsetzungen mitunter noch spezifischer:

Collage eines Mentoring Verhältnisses
  • Stärkung interkultureller Kompetenz
  • Förderung von interkulturellen Begegnungen
  • Sensibilisierung für kulturelle Vielfalt
  • Austausch über kulturelle Differenzen und Gemeinsamkeiten
  • Abbau von Stereotypen
  • Verbesserung der Diversitykompetenz
  • Entscheidungshilfe für bevorstehenden Auslandseinsatz
  • Austausch über migrationsspezifische Fragestellungen
  • Integration in den Entsendungsstandort
  • Eingliederung in die neue Arbeitsstelle
  • Integration von (kulturellen) Minderheiten in informelle Netzwerke
  • längerfristige Bindung von Mitarbeitern aus (kulturellen) Minderheiten

Je nach Situation und Bedarf können interkulturelle Mentoringprogramme aber auch mehrere der genannten Ziele haben. Weitere Zielsetzungen, beispielsweise im Sinne eines Diversity Managements, sind ebenfalls möglich.[3]

Mentoringarten und Zielgruppen

Für multinationale Unternehmen am Standort Deutschland konnten in einer Studie[4] fünf verschiedene Mentoringarten ausgemacht werden:

  1. Hierarchisches interkulturelles Mentoring: Beim hierarchischen interkulturellen Mentoring begleitet eine Führungskraft eine Person aus der Belegschaft, die als Führungskräftenachwuchs gilt. Auch wenn das Mentoring zu Beginn hierarchisch angelegt ist, kann es sich im Laufe der Zeit in eine gleichgestellte Mentoringbeziehung verwandeln.
  2. Interkulturelles Peermentoring: Hierarchisch gleichgestellte Partner, die unterschiedlichen Kulturen angehören, unterstützen sich gegenseitig beim interkulturellen Peermentoring. Die beiden können am selben oder an unterschiedlichen Standorten der Organisation arbeiten.
  3. Mentoring für Mitarbeiter_innen mit Migrationshintergrund: Eine der beiden (gleichgestellten) Personen hat einen Migrationshintergrund.
  4. Expatriate Mentoring: Der/die Mentee ist Expat des deutschen Standortes und wird durch eine_n fremdkulturelle_n Mentorin am ausländischen Standort betreut wird. Diese Mentoringbeziehung kann auch schon vor der Entsendung als Vorbereitung auf den Auslandsaufenthalt etabliert werden.
  5. Impatriate Mentoring: Der/die Mentee ist Impatriat in Deutschland und wird durch eine_n Mentor_in des Standortes in Deutschland betreut. Auch das Impatriate Mentoring kann schon vor Beginn des Einsatzes anfangen.

Auch für Repatriates kann ein Mentoring nach Rückkehr in die Heimatorganisation hilfreich sein. Streng genommen zählt das Repatriate Mentoring allerdings nicht als interkulturelles Mentoring, da Mentor_in eine Person aus der Heimatorganisation ist, welche in der Regel derselben Kultur angehört. Das Mentoring kann an dieser Stelle unter anderem bei der Suche nach einer passenden Position nach dem Ende der Auslandsentsendung helfen. [5]

Formen des (interkulturellen) Mentorings

Interkulturelle Mentoringbeziehungen können sich, ebenso wie nicht-interkulturelle, in ihrer Form unterscheiden. Es gibt informelle und formelle, hierarchisch und lateral, organisationsintern und organisationsextern. Die Besonderheiten der einzelnen Formen können in dem Beitrag Mentoring nachgelesen werde.

Chancen und Herausforderungen

Interkulturelle Mentoringprogramme ermöglichen auf einfache Weise den Wissenstransfer in Organisationen und sind eine preiswerte Möglichkeit eine lernende Organisation zu schaffen. In einer effizienten und funktionierenden Mentoringbeziehung profitieren sowohl Mentee als auch Mentor_in von der Partnerschaft. Ein_e Mentee bekommt eine erfahrene Begleitperson an die Seite gestellt, die Wissen vermittelt, den (beruflichen) Weiterentwicklung begleitet oder bei der Integration unterstützt. Ein_e Mentor_in kann durch die Beziehung zum Mentee neue (berufliche) Perspektiven erlangen, organisationale Anerkennung erfahren oder auch offenes und kritisches Feedback bekommen. Außerdem gewinnt der/die Mentor_in an persönlichem Wohlbefinden durch die Möglichkeit der Weitergabe von Erfahrung und Wissen.[6]

Der enge Kontakt und die Erfahrung mit einer fremden Kultur kann für Mentor_in und Mentee eine persönlich Bereicherung sein, aus der beide Seiten profitieren.[7]

Eine der wichitigsten Grundvoraussetzungen für ein funktionierendes Mentoringverhältnis sind Vertrauen und Verständnis

Auch wenn interkulturelle Mentoringbeziehungen in der Literatur oftmals als problematisch dargestellt werden, bergen sie viele Lernmöglichkeiten für alle Beteiligten. Die Problematik solcher Beziehungen wird in der Tatsache gesehen, dass die beteiligten Parteien nicht derselben Kultur angehören, was zu Problemen und Missverständnissen führen kann. Jedoch bieten eben diese kulturellen Differenzen viele Lernmöglichkeiten, vorausgesetzt, dass diese Differenzen in der Mentoringbeziehung von beiden thematisiert werden. Durch die bewusste positive Thematisierung von kulturellen Differenzen, können bisher unreflektierte und starre Organisationsstrukturen verändert werden. Auf diese Weise können Benachteiligungen bestimmter Gruppen behoben werden, die auf diese starren Strukturen zurückzuführen sind.[8]

Die wichtigsten Säulen in der Beziehung zwischen Mentor_in und Mentee sind Vertrauen und Verständnis. Das Vertrauen zwischen beiden ist in interkulturellen Mentoringbeziehungen noch wichtiger als in nicht-interkulturellen Mentoringbeziehungen. Deshalb müssen (kulturelle) Differenzen in der Beziehung thematisiert und reflektiert werden, auch in Bezug auf vergangene geschichtliche Ereignisse und Hintergründe. Nur so kann Verständnis für den Anderen entstehen und Vertrauen geschaffen werden. Die Herausforderung dabei ist immer die andere Seite nicht als Kategorie (der anderen Kultur) sondern als Person zu sehen.[9]

Da die Forschung zu interkulturellen Mentoring noch am Anfang steht, können noch keine genauen Aussagen über die Effizienz von interkulturellen Mentoringprogrammen gemacht werden. Bisher geht die Forschung überwiegend von einem westlichen Kontext aus. Generell werden aber kulturelle Unterschiede im Verhalten von Mentees in Mentoringbeziehungen erwartet.[10]

Educast zum interkulturellen Mentoring

Siehe auch

IWK-Wiki: Mentoring

Literatur

  • Herbolzheimer, A. M. (2009).: Interkulturelle Arbeitswelt - Herausforderungen und Unterstützungsmaßnahmen. Organisationsberatung, Supervision, Coaching (OSC), Ausgabe 3/2009, S. 261-275.
  • Stöger, H., Ziegler, A. & Schimke, D. (Hrsg.): Mentoring: Theoretische Hintergründe, empirische Befunde und praktische Anwendungen. Pabst Science Publisher, Lengerich/Berlin/Wien 2009.
  • Williams, J. & Schwiebert, V. L.: Multicultural aspects of the mentoring process. In: Schwiebert, V.L. (Ed.): Mentoring: Creating Connected, Empowered Relationships. American Counseling Association. Alexandria, VA, USA 2000.

Einzelnachweise

  1. [1] Voigt, V. (2013): Interkulturelles Mentoring made in Germany - Zum Cultural Diversity Management in multinationalen Unternehmen. Wiesbaden: Springer, S. 163.
  2. Höher, F. (2014): Vernetztes Lernen im Mentoring - Eine Studie zur nachhaltigen Wirkung und Evaluation von Mentoring. Wiesbaden: Springer, S. 101.
  3. Voigt, V. (2013): Interkulturelles Mentoring made in Germany - Zum Cultural Diversity Management in multinationalen Unternehmen. Wiesbaden: Springer, S. 167-172.
  4. Voigt, V. (2013): Interkulturelles Mentoring made in Germany - Zum Cultural Diversity Management in multinationalen Unternehmen. Wiesbaden: Springer, S. 165 - 167.
  5. Herbolzheimer, A. M. (2009).: Interkulturelle Arbeitswelt - Herausforderungen und Unterstützungsmaßnahmen. Organisationsberatung, Supervision, Coaching (OSC), (16/3), S. 268.
  6. Voigt, V. (2013): Interkulturelles Mentoring made in Germany - Zum Cultural Diversity Management in multinationalen Unternehmen. Wiesbaden: Springer, S.153f.
  7. Johnson-Bailey, J. & Cervero, R. M. (2002): Cross-cultural mentoring as a context for learning. New Directions for Adult and Continuing Education, 96, S. 24.
  8. Voigt, V. (2013): Interkulturelles Mentoring made in Germany - Zum Cultural Diversity Management in multinationalen Unternehmen. Wiesbaden: Springer, S.153, 166, 173f.
  9. Johnson-Bailey, J. & Cervero, R. M. (2002): Cross-cultural mentoring as a context for learning. New Directions for Adult and Continuing Education, 96, S. 18, 23.
  10. Höher, F. (2014): Vernetztes Lernen im Mentoring - Eine Studie zur nachhaltigen Wirkung und Evaluation von Mentoring. Wiesbaden: Springer, S. 101.