Internetbasierte interkulturelle Planspiele

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Internetbasierte interkulturelle Planspiele stellen einen Übungstypen zur interkulturellen Kompetenzentwicklung dar. Hierbei treten die Teilnehmenden im Rahmen eines Planspielszenarios mit Hilfe des Internets in Interaktion mit anderen Trainees, wodurch Interkulturalität thematisiert und generiert wird[1].

Konzept/Idee

Im Zuge der medientechnologischen Neuerungen können interkulturelle Planspiele auch online stattfinden. Die ureigene Beziehungsfunktion des Internets, also die internationale Vernetzung, kann dabei direkt in den Lernprozess mit eingebunden werden. Bei internetbasierten interkulturellen Planspielen sind die Teilnehmer nicht direkt vor Ort, sondern treffen sich im Internet auf dafür vorgesehenen Plattformen. Internetbasierte interkulturelle Planspiele können in verschiedenen Ländern synchron durchgeführt werden und damit Interkulturalität nicht nur thematisieren sondern auch generieren[2]. Oftmals sind Fremdsprachengebrauch, Zeitverschiebung und unterschiedliche Denk- und Handlungsstile real gegeben. Internetbasierte interkulturelle Planspiele zeichnen sich durch eine geringe Steuerung der Trainer und die Unerlässlichkeit von bi- bzw. multikulturell besetzten Teilnehmergruppen aus.

Dennoch stellen internetbasierte interkulturelle Planspiele keine Revolution im Vergleich zu konventionell angewandten, nicht im Internet stattfindenden Planspielen, dar. Die angewandte Methode bleibt vielmehr die gleiche, die Umsetzung durch das Internet bringt allerdings neue Möglichkeiten mit sich, wie die einfachere tatsächliche Generierung von Interkulturalität.

Der genaue Ablauf von internetbasierten interkulturellen Planspielen variiert je nach Planspiel, dennoch ist er bestimmt durch die Phasen „Briefing“, „Gaming“ und „Debriefing“.[3] Die Teilnehmenden treten hierbei jedoch an Computerarbeitsplätzen mithilfe von Mikrofonen, Video- und Chatfunktion in Interaktion mit Teilnehmenden an anderen Standorten. Ein Beispiel mit genauer Beschreibung des Ablaufs findet sich in der weiterführenden Literatur.

Lernziel und Zielgruppe internetbasierter interkultureller Planspiele

Das Lernziel von internetbasierten interkulturellen Planspielen kann variieren und ist oftmals durch den Auftraggeber vorgegeben. Generell gilt es über die interkulturelle Zusammenarbeit von kulturell homogen oder heterogen besetzten Traineegruppen, interkulturelle Interaktion zu initiieren, Teamsynergien zu fördern und interkulturelle Lernprozesse anzustoßen. Grundsätzlich gleichen sich die Lernziele von interkulturellen Planspielen, die in Präsenztrainings durchgeführt werden, und internetbasierten interkulturellen Planspielen.

Die Anwendung internetbasierter interkultureller Planspiele bietet sich unter anderem besonders für Schüler, Studenten und junge Erwachsene an. Mit Hilfe von Plattformen, wie zum Beispiel einem Virtual classroom, können Klassen oder Seminargruppen verschiedener Länder über ein gemeinsames Projekt in Kontakt treten. Zudem ist die Anwendung im organisationalen Kontext denkbar. Multinationale agierende Organisationen sind mit Hilfe von internetbasierten interkulturellen Planspielen in der Lage andere Arbeitsstile kennenzulernen oder Teamsynergien zu fördern.[4]

Generell setzt sich die Zielgruppe von internetbasierten interkulturellen Planspielen aus Teilnehmern oder Teilnehmergruppen zusammen, die an der multimedialen Umsetzung interkultureller Zusammenarbeit und damit an der interkulturellen Kompetenzentwicklung interessiert sind.

Chancen und Herausforderungen internetbasierter interkultureller Planspiele

Internetbasierte interkulturelle Planspiele können eine synchrone interkulturelle Zusammenarbeit von Lerngruppen in verschiedenen Ländern realisieren. Durch das gemeinsame Handeln während des Planspiels wird Interkulturalität generiert. Dabei kann das raumunabhängige Lernen als Chance betrachtet werden, da mit Hilfe des Internets Teilnehmergruppen miteinander agieren können, die andernfalls vielleicht nicht die Möglichkeit dazu hätten oder hohe Kosten damit verbunden wären. So beinhalten internetbasierte interkulturelle Planspiele Erfahrungspotentiale zum Beispiel in Bezug auf interkulturelle Teambuildingprozesse, Rollenverhalten und den Transfer in die interkulturelle Praxis. Über internetbasierte interkulturelle Planspiele kann individuelles Wissen und die eigene Erfahrung über Länder- und Unternehmensgrenzen hinweg geteilt werden. Die Teilnehmer haben über das Internet die Möglichkeit Inhalte zu präsentieren, neue Erkenntnisse auf die verwendete Plattform hochzuladen und zu speichern, sodass andere Mitglieder sofort darüber informiert werden können. Diese Methode der interkulturellen Kompetenzvermittlung kann dabei ein ganzheitliches Zusammenspiel aller vier Teilbereiche der interkulturellen Handlungskompetenz – Sach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz initiieren. Gleichzeitig ermöglicht die internetbasierte Herangehensweise eine einfache und globale Zugänglichkeit.[5] Generell zählen Planspiele zu den Formen des internetbasierten interkulturellen Lernens mit hohem Entwicklungspotential für die Teilnehmenden. Nichtsdestotrotz stehen noch immer Anwendungen mit geringem Arbeitsaufwand für die Nutzer im Vordergrund.

Der globale Charakter von internetbasierten interkulturellen Planspielen kann allerdings auch eine Herausforderung darstellen. Sprachprobleme oder Schwierigkeiten in Bezug auf Zeitverschiebung oder unterschiedliche Arbeitsstile können bei diesem Übungstyp auftreten[6]. Diesbezüglich werden hohe Anforderungen an den lokalen Coach oder gegebenenfalls E-Supervisor, etwa interkulturelle Trainer oder Betreuer, gestellt[7]. Die Anforderungen an die Teilnehmer sind ebenfalls hoch, da internetbasierte interkulturelle Planspiele ein hohes Maß an Selbstorganisation und Selbstdisziplin erfordern. Sie sind inhaltlich offen und gering durch die Trainer gesteuert. Die Verantwortung und Initiative liegt daher bei den Lernenden, da die Steuerungskapazitäten und Strukturierbarkeit des Lernprozesses aufgrund der inhärenten Komplexität sehr gering sind.

Zu bedenken gilt auch, dass internetbasierte interkulturelle Planspiele eine gute Medienausstattung sowohl bei den Anbietern als auch Nutzern erfordern. Die Teilnehmenden eines internetbasierten interkulturellen Planspiels an den verschiedenen Standorten sollten ausreichend Computerarbeitsplätze mit einer stabilen und ausreichend schnellen Internetverbindung zur Verfügung haben, um erfolgreich kommunizieren zu können.[8]

Besonders zu beachten ist, dass Planspiele, wie auch alle anderen Methoden zur interkulturellen Kompetenzentwicklung, immer in bestimmten kulturspezifischen Kontexten entwickelt worden sind. Diese dürfen daher nicht unreflektiert in eher fremde Kontexte implementiert werden. Vielmehr sollten die Trainer die Passfähigkeit dieser Methode in Bezug auf die Zielgruppe, das Lernziel, den Lehr- und Lernkontext und den Inhalt prüfen.

In diesem Zusammenhang gilt es wiederum, eine ausführliche Reflexion zu den genannten Aspekten in der „Debriefing“-Phase vorzunehmen, ohne eine Tendenz zur Stereotypisierung zu schaffen. Da das „Debriefing“ für die Gesamtgruppe im Regelfall virtuell stattfindet, kann es zu einem Informationsverlust kommen, wenn dafür relevante Geschehnisse während des Spielverlaufs nicht von den Kameras oder durch das Chatprotokoll festgehalten wurden. Außerdem kann es zu Fehlinterpretationen kommen, wenn Mimik und Gestik der Teilnehmenden nur schlecht oder gar nicht erkennbar sind. Hier gilt es auch zu beachten, dass diese auch kulturell geprägt sein können.

Siehe auch

Weiterführende Links und Literatur

  • Informationen zum Unternehmensplanspiel ‚InterCulture 2.0‘: http://www.intercultural-campus.org/online-planspiel.
  • Eine detaillierte Erläuterung des Ablaufs von Interculture 2.0. : Bolten, J. (2010): Das Internet als Basis transnationalen und interkulturellen Lernens. Der „Intercultural Campus“ als Beispiel. In: Das Wort. Germanistisches Lehrbuch Russland, 13-28. S. 20f, Verfügbar unter: http://www2.uni-jena.de/philosophie/IWK-neu/typo3/fileadmin/team/juergen.bolten/1001IIntercultural_Campus.pdf.
  • Strohschneider, S. (2010): Planspiele und Computersimulationen. In: Weidemann, A., Straub, J., Nothnagel, S. (Hrsg.): Wie lehrt man interkulturelle Kompetenz? Theorien, Methoden und Praxis in der Hochschulausbildung: ein Handbuch. Bielefeld: transcript (Kultur und soziale Praxis), S. 241–264.
  • Högsdal, N. (2011): Serious Games, Simulationen und Planspiele: same but different? In: Maren Helm (Hrsg.): Digitale Lernwelt - Serious Games. Einsatz in der beruflichen Weiterbildung. Bielefeld: Bertelsmann, S. 117–130.

Einzelnachweise

  1. Bolten, J. (2014): Typologie interkultureller Übungen. Übungsleitfaden. Jena: o.V. S. 22.
  2. Bolten, Jürgen (2010): Interkulturelle Kompetenzvermittlung via Internet. In: P. Wordelmann (Hrsg.) S. 101, 107. (2010): Internationale Kompetenzen in der Berufsbildung. Bielefeld: Bertelsmann, 101-114.
  3. Fürstenau, B. (2006): Planspiel und Simulation. In: Arnold, K.-H. (Hrsg.): Handbuch Unterricht. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, S. 317–322.
  4. Bolten, J. (2012): Interkulturelle Kompetenz. Erfurt: Landeszentrale für Polit. Bildung Thüringen. S. 152f.
  5. Patterson, Lynn M. et al (2012): Lessons from a global learning virtual classroom. In: Journal of studies in international education 2012: 16, sage pub.
  6. Bolten, Jürgen (2010): Interkulturelle Kompetenzvermittlung via Internet. In: P. Wordelmann (Hrsg.) S. 101, 107. (2010): Internationale Kompetenzen in der Berufsbildung. Bielefeld: Bertelsmann, 101-114.
  7. Bolten, J. (2010): Das Internet als Basis transnationalen und interkulturellen Lernens. Der „Intercultural Campus“ als Beispiel. In: Das Wort. Germanistisches Lehrbuch Russland, S. 13-28. Verfügbar unter: http://www2.uni-jena.de/philosophie/IWK-neu/typo3/fileadmin/team/juergen.bolten/1001IIntercultural_Campus.pdf.
  8. Bolten, J. (2012): Interkulturelle Kompetenz. Erfurt: Landeszentrale für Polit. Bildung Thüringen. S. 152f.